VERSCHWINDEN Poem by Jakobe Mansztajn

VERSCHWINDEN

es beginnt beim rausgehen auf den balkon. ich sage zu mir:
am ende dieses zimmers ist ein balkon. man könnte versuchen,
rauszugehen, luft zu schnappen, vielleicht gar etwas mehr.
ein wenig atmen. lieber nicht. sich erkälten, wie dieses dünne
geländer, das mich hält. du wirst es nicht glauben,
aber das thermometer in danzig zeigt minus dreißig grad.
der winter hat selbst die bestgekleideten befallen,
die bestgekleideten selbst, was uns einander beinah annähert.

hier in danzig stehen die dinge so: nichts ist mehr
an seinem platz, alles ist woanders. noch ein monat,
in dem du fehlst. noch ein monat, der mich überrollt,
wie ein panzer. angeblich war krieg, angeblich erschoss
man alle fluchten. ich hatte dir schreiben wollen,
dass alles wieder in ordung ist. ich gehe viel raus,
allmählich komme ich zu mir. ich versuche, schlaf
aufzuholen, nur dieser ewig tropfende hahn ist zu laut.

alles beginnt mit verschwinden. ganz ohne panik sag ich zu mir:
die dinge gehen weiter. frühstück, studium, zukunft.
dass ich warten kann, weil nichts gewiss ist. dass ich warten werde,
und wenn du wieder nicht kommst, gehe ich raus auf den balkon,
um dich irgendwo zu finden, zwischen bahnhof und abspann,
um mich zu versichern, dass das, womit du so wehtust,
das kleine steinchen zwischen den zehen im schuh,
dass selbst das noch auszeichnung ist

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